In der Beratungsstelle und der angeschlossenen Angebote nehmen sich die sozialpädagogischen Fachkräfte (von links) Rebecca Hormel, Christian Merkel und Michael Schmidt den Problemen der Hilfesuchenden an. Foto: Awo Kreisverband Odenwaldkreis

Michelstadt. Die Besucher bei der Awo-Beratungsstelle für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten, besser bekannt als Wohnungslosenhilfe, sind nicht alle obdachlos, aber oft gefährdet, das Dach über dem Kopf zu verlieren.

Drei pädagogische Fachkräfte stehen zur Verfügung für diejenigen, die ein Gespräch suchen, sich am Fernseher kurz ablenken wollen im Internet recherchieren oder eine E-Mail schreiben möchten.

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Auch dient die Awo-Beratungsstelle als Postanschrift für Menschen ohne festen Wohnsitz und in erster Linie als Anlaufstelle, um mit Profis die vielen behördlichen Angelegenheiten zu bewältigen, ohne die die staatlichen Hilfen nicht greifen können.

Keine Wohnung geht oft einher damit, auch keine Arbeit zu haben, dafür Schulden. Wenn dann auch die sozialen Bindungen leiden, gestört oder gar gerissen sind, kommen mitunter übermäßiger Alkoholgenuss oder Drogenkonsum noch hinzu. Michael Schmidt ist Diplom-Sozialarbeiter und kennt diese Verstrickung aus seiner langjährigen Arbeit mit Menschen in Wohnungsnot nur allzu gut.

Seit 1999 ist er für die Beratungs- und Anlaufstelle tätig und schaut mit Sorge auf die weitere Entwicklung. Bereits im Blick zurück wird deutlich, dass sich nicht nur die Lebensverhältnisse des betroffenen Personenkreises massiv verschlechtert haben, sondern auch immer mehr Menschen auf die Hilfen angewiesen sind.

Mit fast 700 Beratungsgesprächen waren die Fachkräfte im zurückliegenden Jahr so stark gefordert wie nie zuvor. 236 Menschen haben die Beratungsstelle aufgesucht, zitiert Michael Schmidt aus dem Jahresbericht. Hinzu kamen rund 250 telefonische und schriftliche Kontakte.

Als eine Ergänzung hat sich das ambulante betreute Wohnen etabliert, das auch in den Räumlichkeiten der Beratungsstelle ansässig ist. Über maximal zwei Jahre kann gleichzeitig bis zu acht Betroffenen geholfen werden, wieder Fuß zu fassen „für ein eigenverantwortliches, selbstständiges Leben in der eigenen Wohnung“, wie es im Jahresbericht dazu heißt.

Im Berichtsjahr konnten darüber sechs Menschen unterstützt werden. Die Beratungsstelle ist auch berechtigt, Bedürftigen Ausweise zum Einkauf von Lebensmitteln bei der Erbach-Michelstädter Tafel auszustellen.

Zu Beginn steht oft die Aufklärungsarbeit und praktische Hilfe, um die vielfältigen Möglichkeiten der staatlichen Unterstützungsleistungen zu beantragen und darüber die finanziellen Sorgen abzumildern. „Anträge auf Grundsicherung, Bürgergeld, Arbeitslosengeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld sind an der Tagesordnung“, sagt Michael Schmidt. Im Mittelpunkt der Arbeit steht dennoch die wichtige Frage nach angemessenem und bezahlbarem Wohnraum.

Dazu Christian Merkel, der seit Februar 2022 mit einer Teilzeitstelle in der Beratungsstelle angestellt ist: „Die Wohnungsnot ist kein reines Problem der Ballungsräume. Auf dem Land und im Odenwaldkreis hat sich die Lage sehr verschlechtert in den letzten Jahren. Es betrifft auch Familien mit Kindern.“

Wenn eine fünfköpfige Familie in einer Wohnung mit nur 45 Quadratmetern zusammenleben muss, sei es durchaus berechtigt, von „prekären Wohnverhältnissen“ zu reden. „Im Odenwaldkreis gibt es keinen sozialen Wohnungsbau“, fügt der Sozialpädagoge hinzu.

Den vielen Kontakten mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden ist es zu verdanken, dass die kommunalen Notunterkünfte wenigstens einen Teil der betroffenen Menschen auffangen können. Entwarnung könne aber keineswegs gegeben werden, stimmen die drei Fachkräfte überein.

Die Beratung für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (Wohnungslosenhilfe) befindet sich in der Amorbacher Straße 19 in Michelstadt, Tel.: 06061-925218, per Mail: sozialberatung@awo-odenwald.de .

Die Beratungsstelle ist von Montag bis Donnerstag von 9 bis 16 Uhr, freitags bis 13 Uhr sowie nach vorheriger telefonischer Vereinbarung erreichbar. In demselben Gebäude befindet sich auch die Tagesaufenthaltsstätte, die jeden Montag, Dienstag und Donnerstag von 9 bis 16 Uhr und mittwochs und freitags von 9 bis 13 Uhr geöffnet ist.

Die Beratung ist kostenlos und unterliegt der Schweigepflicht. red

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